Wiedergeboren



"Wiedergeboren werden" - das ist ein spannendes und heiß diskutiertes Thema in der Christenheit. Denn es ist von entscheidender Bedeutung, ob und wie wir in dieser Welt "eine neue Kreatur werden".(2. Kor. 5,17)

 

Das hat auch schon Nikodemus interessiert, einen Hochgelehrten und Oberen unter den Juden. Er, als ein geistlicher Führer, kam in aller Vertraulichkeit (Nacht) zu Jesus, um ihn zu befragen. Nikodemus hatte gemerkt, dass Jesus in Vollmacht redete und handelte, dass hier etwas Neues passierte. Dem musste er auf den Grund gehen. Und Jesus erzählt ihm von der "Neuen Geburt". (Johannes, Kap. 3)

 

An vielen Stellen der Bibel wird dieses Thema angesprochen, denn in der Wiedergeburt vollzieht sich das Christsein im eigentlichen Sinn, so werde ich zum Kind Gottes. Durch die Wiedergeburt beginnt und gestaltet sich meine lebendige Beziehung mit dem dreieinigen Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiliger Geist!

 

Wir wollen das Thema nicht theologisch erklären oder diskutieren und wir können und wollen ganz eindeutig nicht entscheiden, wer, wie und wann wiedergeboren ist oder vielleicht nicht. Eins ist sicher: Wir können uns nicht selber "neu gebären", das kann nur Gott wirken. Gott lädt uns ein in seinem Sinn, in seinem Geist neu geboren zu werden. Aber wir entscheiden trotzdem mit, Gott will und wartet auf unser "Ja", auf unsere Umkehr zu Ihm =Bekehrung.

 

In der christlichen Welt wird viel über Wiedergeburt diskutiert und teilweise zwischen den Kirchen und Denominationen auch gestritten. Wir wollen dieses so entscheidende Thema zeugnishaft angehen und hoffen, dass Gottes Geist daraus Frucht wachsen lässt. Es geht um sehr viel!

 

Was wir erleben (in Kürze):

Von Gott wiedergeboren zu werden ist das Herrlichste, was es in dieser Welt gibt. Mit nichts können wir es vergleichen, wie Gott unser Herz berührt und ausfüllt. Wie, wenn man zum Ursprung des Lebens und der Fülle vordringt. Dazu gehört unaussprechliche Freude, ein ganz tiefer Friede im Herz, das Wissen um die vollkommene Annahme und Nähe Gottes, wunderbare Erfahrungen mit dem Heiligen Geist, menschliche Grenzen fallen. Erlebte und ersehnte Heilung und Heiligung, eine tiefe Sehnsucht nach Gott und nach seinem Wort. Aber auch der entlarvende Blick für das eigene, selbstverliebte Ego gehört dazu. Gott stellt uns in Sein Licht und zeigt uns unsere Schattenseiten. Ein Herz wird in uns geboren, das "Abba" (aramäisch Papa) zu Gott sagen kann und will, das anfängt in der Liebe zum Vater zu schlagen. Und noch viel, viel mehr! Die "TopActs" unserer Welt sind dagegen kalter Kaffee! Das ist ernst gemeint, fragt wiedergeborene Christen in eurer Umgebung. Wiedergeburt ist viel mehr als religiös leben! Religiös leben kann man aus eigener Vernunft und aus eigener Kraft, doch es kann Vieles "leblos" bleiben. Neu geboren wird man nur durch und in der Kraft des Geistes Gottes. Und wir wachsen weiter!

 

Viele verbinden "Wiedergeburt" mit charismatischen Gemeinschaften, ihrer Glaubenspraxis und ihrer Theologie, weil dort der Heilige Geist eine große Rolle im Leben und in der Gemeinde spielt. In den Landeskirchen wird dieses Thema nicht so deutlich in den Vordergrund gerückt. Doch erstaunlicherweise waren vor ca. 350 Jahren gerade die "Pietisten" für genau dasselbe bekannt. Das ist doch eine tolle Sache, oder!

Wir merken, dass Gott so groß ist und Wege geht, die wir gar nicht alle wissen, für möglich halten oder gar verstehen können.

 

Wichtig ist, dass er uns in dieses erfüllte Leben hinein einlädt, es uns schenken möchte!

Bildnachweis: pixabay, frei nutzbar


Zeugnis einer Wiedergeburt:

 

Der nachfolgende Originaltext stammt von August Hermann Franke, dem Vater des "Sächsischen Pietismus" und dem Gründer der "Francke'schen Stiftungen" in Halle. Diese Zeugnis ist sehr beeindruckend, denn Francke war wohlerzogener und studierter Theologe aus gutem Hause mit entsprechenden Begabungen und hohem Bildungsniveau. Und: Dieses lebendige Zeugnis stammt aus dem Jahre 1687!

 

Was mein Christentum betrifft,

 

ist dasselbe, sonderlich in den ersten Jahren, da ich in Leipzig gewesen, gar schlecht und lau gewesen. Meine Intention war, ein vornehmer und gelehrter Mann zu werden; reich zu werden und in guten Tagen zu leben, wäre mir nicht unangenehm gewesen, ob ich wohl das Ansehen nicht hätte haben wollen, als wenn ich danach trachtete. Die Anschläge meines Herzens waren eitel und gingen aufs Zukünftige, welches ich nicht in meinen Händen hatte. Ich war mehr bemüht, Menschen zu gefallen und mich in ihre Gunst zu setzen, als dem lebendigen Gott im Himmel. In summa: Ich war innerlich und äußerlich ein Weltmensch und hatte im Bösen nicht ab-, sondern zugenommen.Das Wissen hatte sich wohl vermehrt, aber dadurch war ich immer mehr aufgeblasen. Über Gott habe ich wohl keine Ursache, mich diesfalls zu beklagen. Denn Gott unterließ nicht, mein Gemüt oftmals gar kräftig zu rühren und mich durch sein Wort zur Buße zu rufen. Ich war wohl überzeugt, daß ich nicht im rechten Zustande wäre. Ich warf mich oft nieder auf meine Knie und gelobte Besserung, aber der Ausgang bewies, daß es nur eine fliegende Hitze gewesen.Ich wußte mich wohl zu rechtfertigen vor den Menschen, aber der Herr erkannte mein Herz.

Ich war wohl in großer Unruhe und in großem Elend, doch gab ich Gott die Ehre nicht, den Grund solches Unfriedens zu bekennen und bei ihm allein den wahren Frieden zu suchen.Ich sah wohl, daß ich in solchen principiis, darauf ich mein Tun setzte, nicht acquiescieren könnte, doch ließ ich mich durch die verderbte Natur immer mehr einschläfern, meine Buße aufzuschieben von einem Tage zum andern. Demnach kann ich anders nicht sagen, als daß ich wohl vierundzwanzig Jahre nicht viel besser gewesen als ein unfruchtbarer Baum, der zwar viel Laub, aber mehrenteils faule Früchte getragen.Aber in solchem Zustande hat mein Leben der Welt gar wohl gefallen, daß wir uns miteinander gar wohl vertragen können. Denn ich liebte die Welt, und die Welt liebte mich. Ich bin da gar frei von Verfolgungen gewesen, weil ich bei den Frommen dem Schein nach fromm und mit den Bösen in der Wahrheit bös zu sein und den Mantel nach dem Wind zu hängen gelernt hatte. Man hat mich da der Wahrheit wegen nicht angefeindet, weil ich mir die Leute nicht gern zum Feinde machte, sie auch mit rechtem Ernst nicht sagen konnte, weil ich selbst nicht danach lebte.

Doch hat solcher Friede mit der Welt meinem Herzen keine Ruhe bringen können, sondern die Sorge für das Zukünftige, Ehrsucht, Begierde, alles zu wissen, Gesuch menschlicher Gunst und Freundschaft und andere dergleichen aus der Weltliebe fließende Laster, insonderheit aber der immer heimlich nagende Wurm eines bösen Gewissens, daß ich nicht in einem rechten Zustand wäre, trieben mein Herz als ein ungestümes Meer bald auf die eine, bald auf die andere Seite, obzwar solches sich öfters gleichsam versteckte, daß ich's in äußerlicher Fröhlichkeit oft andern zuvortat.……

 

…… Denn ich hatte ungefähr sieben Jahr Theologiam studiert, wußte ja wohl, was unsere Thesis war, wie sie zu behaupten, was die Adversarii dagegen einwandten, hatte die Schrift durch- und wieder durchgelesen, ja auch von den libris practicis nicht wenig, aber weil dieses alles nur in der Vernunft und ins Gedächtnis von mir gefaßt und das Wort Gottes nicht bei mir ins Leben verwandelt war, sondern ich hatte den lebendigen Samen des Wortes Gottes bei mir erstickt und unfruchtbar sein lassen, so mußte ich nun gleichsam aufs neue den Anfang machen, ein Christ zu werden. Ich fand aber dabei meinen Zustand so verstrickt und war mit so mancherlei Hindernissen und Abhaltungen von der Welt umgeben, daß es mir ging wie einem, der in einem tiefen Schlamm steckt und etwa einen Arm hervorstreckt, aber die Kraft nicht findet, sich ganz loszureißen, ……

 

...… Gott fügte es, daß ich ...... um eine Predigt in der Johanneskirche (Erg.: in Lüneburg) daselbst abzulegen angesprochen, und zwar eine geraume Zeit vorher, ehe die Predigt sollte abgelegt werden. Nun war doch bereits damals mein Gemüt in solchem Stande, daß ich nicht die bloße Übung im Predigen, sondern vornehmlich die Erbauung der Zuhörer abzielte. Indem ich nun darauf bedacht war, geriet ich über den Text: „Dieses ist geschrieben, daß ihr glaubet, Jesus sei Christ, und daß ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen“ Joh. 20, 31. Bei diesem Text gedachte ich sonderlich Gelegenheit zu nehmen, von einem wahren, lebendigen Glauben zu handeln und wie solcher von einem bloßen Menschlichen und eingebildeten Wahnglauben unterschieden sei. Indem ich nun mit allem Ernst hierauf bedacht war, kam mir zu Gemüt, daß ich selbst einen solchen Glauben, wie ich ihn erfordern würde in der Predigt, bei mir nicht fände. Ich kam also von der Meditation der Predigt ab und fand genug mit mir selbst zu tun. Denn solches, nämlich daß ich noch keinen wahren Glauben hätte, kam mir immer tiefer zu Herzen. Ich wollte mich hiermit und damit aufrichten und gleichsam die traurigen Gedanken damit verjagen, aber es wollte nichts hinlänglich sein. Ich war bisher nur gewohnt, meine Vernunft mit guten Gründen zu überzeugen, weil ich im Herzen von dem neuen Wesen des Geistes wenig erfahren hatte.

 

Darum meinte ich auch durch solchen Weg zu helfen, aber je mehr ich mir helfen wollte, desto tiefer stürzte ich mich in Unruhe und Zweifel. Ich nahm zur Hand Herrn Job. Musaei collegium systematicum manu scriptum, welches ich mir bis hervor andern bekannt gemacht hatte, aber ich mußte es wieder weglegen und fand nicht, woran ich mich hätte halten mögen. Ich meinte, an die Heilige Schrift würde ich mich doch halten, aber bald kam mir in den Sinn: Wer weiß, ob auch die Heilige Schrift Gottes Wort ist? Die Türken geben ihren Alkoran und die Juden ihren Talmud auch dafür aus. Wer will nun sagen, wer recht habe? Solches nahm immer mehr die Überhand, bis ich endlich von dem allen, was ich mein Leben lang, insonderheit aber in dem über acht Jahre getriebenen studio theologico, von Gott und seinem geoffenbarten Wesen und Willen gelernet, nicht das Geringste mehr Übrig war, das ich von Herzen geglaubt hätte. Denn ich glaubte auch keinen Gott im Himmel mehr, und damit war alles aus, daß ich mich weder an Gottes noch an Menschen Wort mehr halten konnte, und ich fand auch damals in einem so wenig Kraft wie in dem andern. ...…

 

......Inzwischen fuhr ich in meinem vorigen Tun fort und hielt an mit fleißigem Gebet auch in der größten Verleugnung meines Herzens. Folgenden Tages, welches war an einem Sonntage, gedachte ich mich gleich also in voriger Unruhe zu Bette zu legen, war auch darauf bedacht, daß ich, wenn keine Änderung sich ereignete, die Predigt wieder absagen wollte, weil ich im Unglauben und wider mein eigen Herz nicht predigen und die Leute also betrügen könnte. Ich weiß auch nicht, ob es mir möglichgewesen sein. Denn ich fühlte es gar zu hart, was es sei, keinen Gott haben, an den sich das Herz halten könne, seine Sünden beweinen und nicht wissen, warum, oder wer der sei, der solche Tränen auspreßt, und ob wahrhaftig ein Gott sei, den man damit erzürnt habe; sein Elend und großen Jammer täglich sehen und doch keinen Heiland und keine Zuflucht wissen oder kennen.

 

In solcher großen Angst legte ich mich nochmals an erwähntem Sonntagabend nieder auf meine Knie und rief an den Gott, den ich noch nicht kannte noch glaubte, um Rettung aus solchem elenden Zustand, wenn anders wahrhaftig ein Gott wäre. Da erhörte mich der Herr, der lebendige Gott, von seinem heiligen Throne, da ich noch auf meinen Knien lag. So groß war seine Vaterliebe, daß er mir nicht nur nach und nach solchen Zweifel und Unruhe des Herzens wieder benehmen wollte, daran mir wohl hätte genügen können, sondern damit ich desto mehr überzeugt sein würde und meiner verirrten Vernunft ein Zaum angeleget würde, gegen seine Kraft und Treue nichts einzuwenden, erhörte er mich plötzlich.

Denn wie man eine Hand, umwendet, so war all mein Zweifel hinweg, ich war versichert in meinem Herzen der Gnade Gottes in Christo Jesu, ich konnte Gott nicht allein Gott, sondern meinen Vater nennen, alle Traurigkeit und Unruhe des Herzens ward auf einmal weggenommen, hingegen ward ich wie mit einem Strom der Freude plötzlich überschüttet, daß ich aus vollem Mut Gott lobte und pries, der mir solche Gnade erzeigt hatte.

Ich stand anders gesinnt auf, als ich mich niedergelegt hatte. Denn mit großem Kummer und Zweifel habe ich meine Knie gebogen, aber mit unaussprechlicher Freude und großer Gewißheit stand ich wieder auf. Da ich mich niederlegte, glaubte ich nicht, daß ein Gott wäre, da ich aufstand, hätte ich's wohl ohne Furcht und Zweifel mit Vergießung meines Bluts bekräftigt. Ich begab mich darauf zu Bette, aber ich konnte vor großen Freuden nicht schlafen, und wenn sich die Augen etwa ein wenig geschlossen, erwachte ich bald wieder und fing aufs neue an, den lebendigen Gott, der sich meiner Seele zu erkennen gegeben, zu loben und zu preisen.

Denn es war mir, als hätte ich in meinem ganzen Leben gleichsam in einem tiefen Schlaf gelegen und als wenn ich alles nur im Traum getan hätte und wäre nun erstlich davon aufgewacht. Es durfte mir niemand sagen, was zwischen dem natürlichen Leben eines natürlichen Menschen und zwischen dem Leben, das aus Gott ist, für ein Unterschied sei. Denn mir war zumut, als wenn ich tot gewesen wäre, und siehe, ich war lebendig geworden. Ich konnte mich nicht die Nacht über in meinem Bette halten, sondern ich sprang vor Freuden heraus und lobte den Herrn, meinen Gott. Ja, es war mir viel zu wenig, daß ich Gott loben sollte, ich wünschte, daß alles mit mir den Namen des Herrn loben möchte. Ihr Engel im Himmel rief ich, lobet mit mir den Namen des Herrn, der mir solche Barmherzigkeit erzeigt hat.

 

Meine Vernunft stand nun gleichsam von ferne, der Sieg war ihr aus den Händen gerissen, denn die Kraft Gottes hatte sie dem Glauben untertänig gemacht. Doch gab sie mir zuweilen in den Sinn: sollte es auch wohl natürlich sein können, sollte man nicht auch von Natur solche große Freude empfinden können; aber ich war gleich dagegen ganz und gar überzeugt, daß alle Welt mit aller ihrer Lust und Herrlichkeit solche Süßigkeit im menschlichen Herzen nicht erwecken könne, als diese war, und sah wohl im Glauben, daß nach solchem Vorgeschmack der Gnade und Güte Gottes die Welt mit ihren Reizungen zu einer weltlichen Lust wenig mehr bei mir ausrichten würde. Denn die Ströme lebendigen Wassers waren mir nun allzu lieblich geworden, daß ich leicht vergessen konnte der stinkenden Mistpfützen dieser Welt.

O wie angenehm war mir diese erste süße Milch, damit Gott seine schwachen Kinder speist! Nun hieß es aus dem 36. Psalm: „Wie teuer ist deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel trauen! Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkest sie mit Wollust wie mit einem Strom. Denn bei dir ist die lebendige Quelle, und in deine Lichte sehen wir das Licht.“ Nun erfuhr ich wahr zu sein, was Lutherus sagt in der Vorrede über die Epistel an die Römer: „Glaube ist ein göttlich Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert aus Gott Joh. 1, 12 und tötet den alten Adam, macht uns ganz andere Menschen von Herzen, Mut, Sinn und allen Kräften und bringet den Heiligen Geist mit sich.“ Und: „Glaube ist eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnade, so gewiß, daß er wohl tausendmal darüber stürbe. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen, welches der Heilige Geist tut im Glauben."

 

Gott hatte nun mein Herz mit Liebe gegen ihn erfüllt, dieweil er sich mir als das allerhöchste und allein unschätzbare Gut zu erkennen gegeben. ……

 

……. Denn von der Zeit an hat es mit meinem Christentum einen Bestand gehabt, und von da an ist mir's leicht geworden, zu verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste und züchtig, gerecht und gottselig zu leben in dieser Welt; von da an habe ich mich beständig zu Gott gehalten, Beförderung, Ehre und Ansehen vor der Welt, Reichtum und gute Tage und äußerliche, weltliche Ergötzlichkeit für nichts geachtet; und da ich mir vorher einen Götzen aus der Gelehrsamkeit gemacht, sah ich nun, daß Glaube wie ein Senfkorn mehr gelte als hundert Säcke voll Gelehrsamkeit, und daß alle zu den Füßen Gamaliels erlernte Wissenschaft als Dreck zu achten sei gegen die überschwengliche Erkenntnis Jesu Christi unsers Herrn.

 

Von da an habe ich auch erst recht erkannt, was Welt sei und worin sie von den Kindern Gottes unterschieden sei. Denn die Welt fing auch bald an, mich zu hassen und anzufeinden oder einen Widerwillen und Verdruß über mein Tun spüren zu lassen, auch sich zu beschweren oder mit Worten mich anzustechen, daß ich auf ein ernstliches Christentum mehr, als sie etwa nötig vermeinten, dränge. Aber ich muß auch hierin die große Treue und Weisheit Gottes rühmen, welche nicht zuläßt, daß ein schwaches Kind durch allzu starke Speise, eine zarte Pflanze durch einen allzu rauhen Wind verderbet werde, sondern er weiß am besten, wann und in welchem Maß er seinen Kindern etwas auflegen und dadurch ihren Glauben prüfen und läutern soll. Also hat es auch mir nie an Prüfungen gefehlt, aber Gott hat dabei meiner Schwachheit allezeit geschont und mir erst ein gar geringes und dann nach und nach ein immer größeres Maß des Leidens zugeteilt, da mir aber allezeit nach der von ihm erteilten göttlichen Kraft das letztere und größere viel leichter geworden zu tragen als das erste und geringere.

 

Ich nenne solches meine eigene Bekehrung, weil ich mit Wahrheit sagen kann: Was ich vorhin für gute Bewegungen und äußerliche Bezeigungen mag haben von mir spüren lassen, daß doch vorhin kein Durchbruch geschehen sei, wie wohl Gott an seinem Teil an meiner Seele viel gearbeitet; aber daß die vor dieser Zeit von 1687 hergehende von der nachfolgenden so unterschieden, wie die Nacht und der Tag unterschieden ist, ja daß ich den empfindlichen Unterschied nicht genug beschreiben, aber es kürzer nicht ausdrücken kann, als daß vorhin die Sünde über mich geherrschet, hernach aber die Kraft Christi bei mir gewohnet, welches zwischen einem Wiedergebornen und Unwiedergebornen der reale Unterschied ist, den niemand verstehet, als der den Geist Gottes empfangen hat.

……

 

Der ganze Text ist hier zu finden.